Geschichte.

Von der einfachen Landtischlerei 
zum erfolgreichen Möbelgeschäft.

Als der Tischlermeister Diedrich Müller im Jahre 1904 seine neue Werkstatt errichten ließ, beauftragte er den Baumeister Börjes aus Neuenburg, eine Flasche im Gebäude zu vermauern. Sie enthielt neben dem handschriftlich verfassten Lebenslauf des Bauherrn auch Aufzeichnungen zu den Beweggründen für die Errichtung eines so beeindruckenden Tischlereigebäudes.

Diedrich Müller, 1864 in Zetel geboren, ging als ausgelernter Tischlergeselle auf eine zweijährige Wanderschaft. Sie führte ihn von Oldenburg über Bremen, Aachen und Bern bis nach Ulm. Die reichhaltigen Kulturstädte hatte es ihm angetan. Nach Ableistung der Militärzeit und seiner Rückkehr in die Heimat heiratete er Taline Brunken (geb. 1866), mit der zusammen er später fünf Kinder hatte.

Seine gute Ausbildung, ein ausgeprägter Geschäftssinn, sowie kluge Ratgeber ließen Müller ab 1901 historische Möbel aus der oldenburgisch-ostfriesischen Region für den zunehmend lukrativen Antiquitätenmarkt erwerben und restaurieren. Ganze Wagenladungen alter Möbel kamen dafür nach Neuenburg. Impulsgeberin für diesen Gedanken war die Forstratsfrau von Negelein aus Neuenburg. In Adelskreisen verkehrend war sie nicht nur Kundin, sondern vor allem Vermittlerin. Die ersten Abnehmer der restaurierten Möbel waren dann auch Marineoffiziere aus Wilhelmshaven.

Binnen kürzester Zeit entwickelte sich aus der ursprünglichen Landtischlerei ein hoch frequentiertes Möbel- und Antiquitätengeschäft. Über den Weg der Wiederherstellung alter Möbelstücke gelang es Müller, das Produkt »Ammerländer und Friesische Möbel« erfolgreich am Markt zu positionieren. Als schließlich sogar der kaiserliche Hof in Berlin 1903 eine ganze Eisenbahnladung alter Schränke und Truhen bestellte, waren eichene Möbel aus Neuenburg – als Antiquitäten wie neu gefertigte Stilmöbel – reichsweit begehrt. »Ammerländer Möbel« und stilgerecht ergänzendes  

»Friesisches Zinngeschirr« waren spätestens ab 1904 so auch in den Wohnstuben süddeutscher Bürgerhäuser zu finden. Erworben bei Diedrich Müller in Neuenburg.
 
In dieser Blütephase ließ Müller die neue Werkstatt errichten. Bis dato waren Wohnung, Tischlerei und Antiquitätenhandel im vorgelagerten Gebäude, dem alten Georgschen Haus von 1770, untergebracht. Das war nun nicht mehr ausreichend.

Im neuen Haus arbeiteten fortan bis zu zwanzig Mitarbeiter – Tischlergesellen, Bildschnitzer, Lehrlinge. Und weitere ortsansässige Holzhandwerker, wie z.B. Drechsler und Bildschnitzer, waren ebenfalls in den Arbeitsprozess eingebunden. Ausschnitte aus Lohn- und Rechnungsbüchern belegen dies. Desweiteren gab es nachweislich noch mindestens vier weitere Tischlereibetriebe am Ort sowie ein wasser- und windbetriebenes Sägewerk.

Diedrich Müllers Sohn Wilhelm (geb. 1897) führte die Werkstatt bis in die 1950er Jahre fort und baute daneben mit seiner Frau Meta einen lukrativen Möbelhandel auf; dieser besteht bis heute am Ort. Genauso wie fünf weitere Möbelgeschäfte anderer Inhaber! Diese auffällige Ballung  kommt nicht von ungefähr und hat mit der besonderen Möbeltradition des Ortes zu tun, begründet nicht zuletzt durch den Erfolg der Müllerschen Möbel..   

Werner Müller (geb. 1925) schließlich trug dann vor etwa 15 Jahren dafür Sorge, dass die historische Werkstatt seines Großvaters der Nachwelt erhalten blieb und in öffentliche Trägerschaft überführt wurde. Heute beherbergt das denkmalgeschützte Gebäude das Restaurierungszentrum Neuenburg und steht so ganz bewusst weiterhin für die Möbeltradition des Ortes.